Das Ende der Machbarkeit

Der Klimawandel schädigt den Wald (Ende Mai 2020 im Sauerland)

Es gibt Grenzen. Auch wenn sich der Mensch seine Welt als unbegrenzten Raum voller Ressourcen und Energie vorgestellt hat, sind wir inzwischen zumindest an irdischen Grenzen angelangt. Heute wissen wir: Wenn der Mensch sein Verhalten in der Unterwerfung der Erde nicht sofort ändert, ist seine Zukunft nur noch Jahrzehnte lang. Unser Menschsein ist gefährdet – was der Erde und vielen darauf lebenden anderen Individuen nichts ausmacht, schließlich wäre das Verschwinden des Menschen für sie sogar ein Segen.

Der Erfindungsgeist des Menschen, seine unglaubliche Kreativität und sein Wissensdurst hat zu einer unbeherrschten wissenschaftlichen, technologischen und damit auch wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte geführt – die allerdings in weiten Zügen absolut selbstherrlich und egoistisch ausgerichtet war und ist – und damit auch fatal zerstörerisch. Und auch wenn dies inzwischen überdeutlich sichtbar geworden ist, so wollen es doch die meisten Menschen noch immer nicht wahrhaben. Doch wer kann schon die Fakten leugnen: Wer in einer Zeiteinheit die Energie verpulvert, die in einer Million Zeiteinheiten eingelagert wurde, kann sich nicht länger herausreden!

Ausgetrockneter Ackerboden in Straberg, Ende Mai 2020

Machet Euch die Erde untertan: Lange – viel zu lange – glaubte der Mensch als vermeintliche Krone der Schöpfung seine Umgebung, seine Erde, praktisch grenzenlos benutzen zu können – sie folgenlos ausbeuten zu dürfen. Andere Kreaturen domestizieren, quälen und unbegrenzt töten zu dürfen, die Schätze der Erde heben, ausbeuten und verfeuern zu dürfen ohne jede Grenze, ohne Reue, ohne Folgen. Der Mensch als Supermann, als unbesiegbarer Macher, ja sogar als Gott, dem alle Ressourcen grenzenlos zur Verfügung stehen: Einfach nur zum Spaß, zu seinem persönlichen Vergnügen, weil er es kann, als gäbe es kein Morgen.

Vielleicht wird er nun das Morgen nicht mehr erleben. Denn auch der Mensch unterliegt den Naturgesetzen – das hätten wir fast vergessen. Er kann durch ein kleines Virus allzu schnell gebremst und getötet werden – das wissen wir seit Corona. Es ist fast so, als schlägt die Natur zurück … auf einem Weg, den niemand erwartet hätte, an einer Front, die niemand für wahrscheinlich gehalten hätte – entsprechend unvorbereitet stehen die Mächtigen der Erde da wie kleine Kinder. Hilflos. Ohnmächtig. Verletzlich.

Dennoch könnte auch diese Katastrophe wieder zu einer Erfolgsgeschichte des Menschen werden, wenn er seine Intelligenz in gewohnter Weise einsetzt und nicht (wie üblich und daher leider auch erwartbar) selbstsüchtig und egoistisch handelt – angesichts der aktuellen politischen Weltlage erscheint dies freilich als eine Herausforderung. Und: Die Corona-Krise könnte zum Training werden für die viel größere Überlebens-Aufgabe der Menschheit: Die Klimakrise, in die uns der ungezügelte, selbstsüchtige Fortschritt unserer Spezies in den letzten zweihundert Jahren – einer nur winzigen Epoche der Erdgeschichte – geführt hat. Wird der Mensch die Chance ergreifen, die Krise als Läuterung zu verstehen? Wird der Mensch sich erinnern, dass er Teil der Natur ist – und das er daher keine Zukunft hat, wenn er die Natur zerstört?

Der Forschergeist und die Kreativität des Menschen sind dafür wichtig – allerdings müssen sich dringend die Präferenzen ändern. Wir sollten die übermächtige Ökonomisierung der Welt zurückdrängen und zu den „wesentlichen“ Dingen zurückkehren, die unser Menschsein ausmachen, die uns eine Art wahrer Lebensqualität geben. Sonst werden wir immer mehr zu Opfern – und das möglicherweise sogar endgültig. Dann hätte der Mensch trotz seiner Erfolge in Erkenntnis, Wissenschaft und Forschung letztlich dennoch völlig versagt – und geht dann vielleicht auch zu recht unter. Ein Fall für spätere Historiker – die dann aber vielleicht gar nicht mehr von der Erde stammen sondern als außerirdische Besucher von einer untergegangenen Zivilisation erfahren. Untergegangen an mangelnder Einsicht in die eigene Erkenntnis und am Größenwahn. Taugend nur noch als mahnendes Beispiel für spätere Zivilisationen.

Peter Baruschke 6/2020

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